Herford

Handball: Timo Everding spielt in der deutschen Gehörlosen-Nationalmannschaft

20-jähriger Herforder trainiert auch beim Landesliga-Team des TuS Spenge mit

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06.02.2016 | 06.02.2016, 00:15
Medaillenträger: Timo Everding will mit der Nationalmannschaft der gehörlosen Handballer bei der Heim-Europameisterschaft in Berlin weiteres Edelmetall gewinnen. - © Ulrich Finkemeyer
Medaillenträger: Timo Everding will mit der Nationalmannschaft der gehörlosen Handballer bei der Heim-Europameisterschaft in Berlin weiteres Edelmetall gewinnen. | © Ulrich Finkemeyer

Herford. Auf der Straße nach Berlin: Der Herforder Timo Everding bereitet sich mit der Nationalmannschaft der Gehörlosen-Handballer auf die Europameisterschaft vom 15. bis 22. Mai in Berlin vor. Die "heiße" Phase der Vorbereitung begann im Dezember mit einem Lehrgang in Westerstede und einem abschließenden Handballspiel gegen den Landesligisten HSG Herrenhausen-Stöcken. Im März und im Mai vor der kontinentalen Meisterschaften folgen weitere Trainingslager.

Seit Kindesbeinen ist Timo Everding schwerhörig, was ihn aber nicht daran hinderte, sich neben der Schul- und Berufsausbildung dem Handballsport zu widmen. Als Zwölfjähriger spielte er in der C-Jugend des VfL Herford, dann in der B-Jugend. Er wechselte mit 17 Jahren zu TuRa Bielefeld, zusammen mit seinem älteren Bruder Tobias und Vater Dirk, der den A-Ligisten coachte.

Danaxch trainierte Timo mit der Bundesliga-A-Jugend des TBV Lemgo und der damals 18-jährige Linkshänder hatte auch seine Einsätze, zum Beispiel gegen VfL Potsdam, wie Dirk Everding für seinen Sohn schildert. Seit Anfang dieses Jahres trainiert Timo Everding beim Landesligisten TuS Spenge II mit und er hofft, bald dort auch Einsatzzeiten zu bekommen.

Seit Frühjahr 2015 wirft der junge Herforder auch für die deutsche Nationalmannschaft der Gehörlosen-Handballer Tore. Seine Feuertaufe im Auswahlteam hatte der jetzt 20-jährige Herforder Mitte Mai 2015 beim Sechs-Nationen-Cup in Dänemark im Spiel gegen die Mannschaft des Gastgebers. Nicht nur seine ersten Tore für Deutschland erzielte Everding beim 20:20-Unentschieden, er wurde auch zum besten Spieler seiner Mannschaft gewählt. Am Ende gab es eine Medaille für den zweiten Platz beim "Golden Deaf Handball Cup 2015".

"Angesichts seiner Ziele muss Timo jetzt richtig Gas geben", sagt Vater Dirk. Das vergangene Jahr war auch durch die finale Berufsausbildung im Bereich "Sanitär-Heizung-Installation" geprägt - mit regelmäßigen Fahrten nach Essen zur Berufsschule. Das hat der 20-Jährige, der längst Führerschein-Inhaber ist, allein geregelt. Eine kleine elektronische Hörhilfe ist ihm da von Nutzen.

Auf die aber muss der Nationalspieler im Wettkampf verzichten. "Alle dort Spielenden liegen unter 55 Dezibel Hörfähigkeit", erklärt Dirk Everding für seinen Sohn. "Im Spiel wird ohne technische Hilfe gespielt, wegen der Wettbewerbsgleichheit." Timo Everding zeigt und sagt, wie das funktioniert: "Wir können Lippenlesen. Per Blickkontakt und Handzeichen wird sich auf dem Parkett verständigt." Dass das auch beim frisch gebackenen Nationalspieler gut funktioniert und Timo gleich eine feste Nominierung für Berlin bekommen hat, freut die gesamte Familie Everding in Herford.

Nimmt der junge Herforder übrigens an Begegnungen im normalen Ligenbetrieb teil, dann änderte sich das Spiel für ihn enorm, denn mit einer Sondergenehmigung darf er dann ein Hörgerät tragen und kann so auch akkustische Signale empfangen.